Was ist schon sozial…

Wenn Sie Sich ohnehin in einer schwierigen Lebenssituation befinden, fällt jedes Problem, was hinzu kommt größer aus, als es unter anderen Umständen wäre. Dies gilt insbesondere, wenn Sie Hartz-IV-Leistungen erhalten. In diesem Fall bedroht jedes Problem, was hinzukommt die eigene Existenz.

Letzte Woche hatte ich einen Autounfall, mir hat jemand die Vorfahrt genommen und ist in mein Auto gefahren. Innerhalb weniger Stunden hatte ich schon die Zusicherung von der Versicherung des anderen Fahrers, dass diese sämtliche Kosten übernehmen. Soweit ist alles gut gegangen, niemand ist verletzt, der Schaden wird schnell reguliert.
Wenn das wirklich alles so einfach wäre…

Die Versicherung des Unfallverursachers hat mir angeboten, für die Dauer der Reparatur einen Leihwagen zu stellen oder eine Ausfallpauschale zu zahlen. Ich wollte eigentlich nur in die von der Versicherung benannte Werkstatt fahren, den Schaden begutachten lassen und dann mein Auto bis zur Reparatur wieder mitnehmen. Die Werkstatt hat allerdings gesagt, dass der Schaden möglicherweise größer ist, als vermutet und wollte mich mit meinem Auto nicht mehr fahren lassen.
Dies war gut so, nicht nur wegen der Fahrsicherheit. Wenn ich den Mietwagen abgelehnt hätte, hätte mir die Versicherung eine Ausfallpauschale bezahlt. Diese hätte mir das Jobcenter wiederum gleich von der Hilfe zum Lebensunterhalt abgezogen. Wenn man Sozialleistungen bezieht, muss man auch Schadenersatzzahlungen angeben und hat letztlich nichts davon, außer den Schaden.

Die Werkstatt fürchtete, dass die Reparaturkosten den Wert des Autos übersteigen könnten. Dann zahlt mir die Versicherung den Restwert des Autos aus.
Wenn das passiert, hätte ich mehr Barvermögen, als ich haben dürfte und die Hartz-IV-Leistung würde eingestellt werden, bis ich dieses Vermögen verbraucht hätte.
Es folgten drei Tage bangen Wartens auf das Urteil des Schadensachverständigen.

Ich habe Glück gehabt, die veranschlagten Reparaturkosten liegen 500 € unter den Wert des Autos. Somit kann ich mein Auto behalten und bekomme es in zwei Wochen frisch lackiert zurück. Puh… Erleichterung…

Für die eine oder den anderen mag es sich übertrieben anhören. Ich übe mich in Gelassenheit und bin sogar gelassener, als Freunde und Familie.
Doch jedes Problem wird durch den Hartz-IV-Bezug größer.

Man muss sich die Ursachen und Konsequenzen noch einmal vergegenwärtigen: Ich musste mich beim Jobcenter melden, weil die Rentenversicherung entgegen drei vorliegender Gutachten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben verweigert und die Rechtsmittelverfahren sich über Monate und Jahre hinziehen.
Als Hartz-IV-Empfänger darf ich kaum Vermögen haben. Wenn ich ein wertvolleres Auto gehabt hätte, hätte ich es ohnehin verkaufen müssen.
Ich hatte nur ein altes Auto und war froh, es überhaupt noch zu haben. Ich wohne in einem ländlichen Vorort und komme ohne Auto nur schwer in die Stadt.
Nun hat jemand anderes mein Auto beschädigt. Es wird zum Glück repariert.
Wenn man mir Schadenersatz gezahlt hätte, dürfte ich diesen nicht nutzen, um damit einen Ersatz zu beschaffen. Dann würde ich ja wieder ‚Hilfebedürftig‘ werden und Leistungen benötigen. Dies wäre ‚sozialwidriges Verhalten‚.

Bitte? Wer hat hier den Schaden? Ist das sozial? Wer verhält sich hier eigentlich sozialwidrig?
Hartz-IV-Empfängern wird systematisch jedes Recht, jeder Wert und jeder Besitz entzogen. Dieses ist System ist asozial…

Die Psychologin in der Reha sagte mir, ich würde mich immer in irgendein Dilemma bringen. „Ich?“, fragte ich sie, „ich mache solch ein Dilemma doch nicht selbst.“ Wer macht denn bitte schön solche ungerechten und unsozialen Gesetze, die dazu führen, dass man noch ärmer wird, wenn man in eine Notlage gerät?

Ach ja, die „Sozial“-demokraten.

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