Zwiegespräch mit der Rentenversicherung

„Ich benötige Hilfen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes.“

„Die Voraussetzungen sind bei Ihnen nicht gegeben.“

„Aber ich habe eine chronische Erkrankung, wegen der ich bereits zweimal meine Arbeit verloren habe. In Bewerbungen werde ich aufgrund dieser Erkrankung regelmäßig abgelehnt. Und ich bin zu Recht einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.“

„Die Voraussetzungen sind bei Ihnen nicht gegeben.“

„Welche Voraussetzungen fehlen denn…?“

„Ihre Erkrankung ist rein psychosomatisch. Das kann man durch ambulante Therapie behandeln. Das ist Aufgabe der Krankenversicherung.“

„Nein, ich habe eine immunologische Unverträglichkeit auf die Inhaltsstoffe von Tonerstaub.“

„Das ist eine rein psychovegetative Reaktion, Sie haben eine Umweltneurose.“

„Das ist eine organische Reaktion, das ist nachgewiesen. Lesen Sie doch einmal bei Dr. Hill nach. Ich leihe Ihnen das Buch.“

„Sie wollen uns also sagen, wie wir unsere Arbeit zu machen haben?“

„Ich weise lediglich auf die Arbeit und die Ergebnisse von Fachärzten und Wissenschaftlern hin, die sich mit meiner Erkrankung sehr gut auskennen, und bitte Sie, diese zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, ebenso wie den Befund meines behandelnden Umweltmediziniers.“

„Sie haben Sich versteift auf diesen Gedanken. Ihre Neurose wird ja immer schlimmer.“

„Die Inhaltsstoffe von Tonerstaub sind hoch giftig und können jeden krank machen. Die Universität Göttingen hat nachgewiesen, wie stark die Emissionen aus Laserdruckern sind. Ein amerikanischer Wissenschaftler, Dr. Martin Pall, hat herausgefunden, dass eine Sensibilisierung für Umweltgifte, also die überdurchschnittlich starke Reaktion, durch 17 verschiedene Stoffe hervorgerufen wird. Ein Teil dieser Stoffe ist im Tonerstaub enthalten. Meine Laborergebnisse belegen die Sensibilisierung, also die 500- bis 1.000-fach stärkere Reaktion als bei gesunden Menschen. Die Universität Freiburg hat die gesundheitsschädliche Wirkung von Tonerstaub auf den Organismus nachgewiesen, die Harvard University auch.“

„Das reimen Sie Sich alles nur zusammen. Das hat doch nichts miteinander zu tun. Ihre Neurose scheint ja unheilbar zu sein.“

„Haben Sie sich mit den Ergebnissen von Dr. Hill und Dr. Pall einmal beschäftigt?“

„Sie wollen uns ja doch sagen, wie wir unsere Arbeit zu machen habe. Sie haben eine Neurose, da hilft Ihnen keine berufliche Eingliederung, da hilft nur eine Therapie.“

„Ich habe eine organische, nicht reversible Erkrankung. Die kann man doch nicht durch Gesprächstherapie behandeln.“

„Bei Ihrem Krankheitsbild ist eine Psychotherapie angezeigt.“

„Die kann mir helfen, mit der Krankheit richtig umzugehen und zu leben, aber durch Gespräche kann doch die körperliche Erkrankung nicht geheilt werden. Und einen Arbeitgeber, der bereit wäre, mich trotz Erkrankung einzustellen finde ich darüber auch nicht.“

„Bei Ihrem Krankheitsbild ist eine Psychotherapie angezeigt und keine Hilfe zur Erlangung eines Arbeitsplatzes.“

„Würden Sie auch einem Bäcker, der eine Mehlstauballergie bekommen hat sagen, dass er mit einem Therapeuten sprechen soll und ein paar Wochen oder Monate später wieder in die Backstube kann?“

„Bei Ihrem Krankheitsbild ist eine Psychotherapie angezeigt.“

„Würden Sie einem Asbestgeschädigten sagen, dass er nur eine Therapie machen müsse und dann wieder gesund wäre?“

„Bei Ihrem Krankheitsbild ist eine Psychotherapie angezeigt.“

„Würden Sie einem gehbehinderten Menschen sagen, er müsse nur eine Gesprächstherapie machen und könne dann wieder gehen?“

„Bei Ihrem Krankheitsbild ist eine Psychotherapie angezeigt.“

„Aber wie begründen Sie das?“

„Bei Ihrem Krankheitsbild ist eine Psychotherapie angezeigt.“

„Wer glaubt, eine Umwelterkrankung durch Therapie heilen zu können, der glaubt auch, dass Warzen durch Gebete entfernen werden oder dass Gelähmte durch Handauflegen wieder gehen können.“

Ein echtes Gespräch zwischen der Rentenversicherung und mir hat es in 5 Jahren nicht gegeben. Der Kontakt findet ausschließlich schriftlich statt. Die Rentenversicherung ist bis heute auf meine Argumente oder vorgelegten Befunde nicht einmal eingegangen. Sie trifft lediglich Aussagen wie „Voraussetzungen liegen nicht vor“ oder „ist in diesem Fall angezeigt“ und bezeichnet dies als Begründung. Tatsächlich hat sie ihre Ablehnungen, Standpunkte oder sonstige Entscheidungen nicht ein einziges Mal fachlich begründet.

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