Eine neue Chance

„Ich habe mich sehr gefreut, als ich Deine Bewerbung erhalten habe. Wir haben Dich gut in Erinnerung und Dein Profil passt einfach super auf die Stelle, die wir zu besetzen haben.“

Ich hatte ein weiteres Vorstellungsgespräch. Diesmal bei einem Arbeitgeber, für den ich vor 10 Jahren schon einmal gearbeitet habe, sehr gerne gearbeitet habe.
Und man hat offensichtlich damals auch sehr gerne mit mir zusammengearbeitet.

„Welche Auswirkungen hat Deine Erkrankung?“
„Worauf müssten wir achten? Welche Rahmenbedingungen müssten erfüllt sein?“
„Durch Deine etwas längere Auszeit hast Du offensichtlich nichts vergessen, Du bist immer noch in den Themen, sehr schön.“

Eine Hälfte des eineinhalb-stündigen Gespräches drehte sich um die fachlichen Inhalte der Stelle.
Die zweite Hälfte drehte sich um meine Erkrankung.
Man wollte sich wieder bei mir melden.

Eine Woche später wurde ich zu einem weiteren Gespräch gebeten.
„Wir sind noch unsicher und möchten mit Dir noch einmal darüber reden, welche Rahmenbedingungen gegeben sein müssten, wenn Du für uns arbeitest…“

Weitere eineinhalb Stunden wurde ich zu meiner Erkrankung befragt:
„Wie wirkt sich die Erkrankung im Alltag aus?“
„Was passiert, wenn Du mit Tonerstaub konfrontiert wirst?“
„Kannst Du selbst einschätzen, welche Belastung noch o.k. ist und wo Du aufpassen musst?“
„Was passiert, wenn Du wieder krank wirst?“
„Was würde es für Dich bedeuten, wenn wir Dich dann entlassen müssten?“
„Sag mal, hattest Du auch eine Depression?“
„Das Projekt, das wir hier durchführen möchten könnte mit einigen Konflikten verbunden sein. Bist Du dem gewachsen?“

Die Fragen waren sehr direkt, sehr persönlich. Es waren mehrere darunter, die ein Arbeitgeber eigentlich nicht stellen dürfte. Ich fragte mich, ob ich sie beantworten sollte oder nicht. Ich kannte die beiden Leitungskräfte, die mir gegenüber saßen, schon sehr lange und schätze sie sehr. Wir waren „per Du“.
Ohne ein solches Vertrauensverhältnis wäre ich nicht auf die Fragen eingegangen und hätte das Gespräch beendet. Dennoch wurde ich immer unsicherer.

Am Ende des Gespräches sagte man mir. „Gut, wir würden Dich gerne einstellen. Wenn das aufgrund Deiner Erkrankung irgendwie gefördert wird, würden wir dies gerne in Anspruch nehmen.“

Damit hatte ich nun wirklich gar nicht gerechnet. Ich war unsicher. Skeptisch in Bezug auf den Inhalt des Projektes, der ein Stück weit im Unklaren blieb. Unsicher wegen der ganzen Fragen über meine Erkrankung.
Doch habe ich eine Wahl? Die Alternative wäre Hartz IV.
Hey, eine neue Stelle! Und dann noch bei einem Arbeitgeber, bei dem ich früher schon einmal gearbeitet hatte, mit Kolleginnen und Kollegen, die ich mag und die mich in guter Erinnerung haben. Das ist doch eine super Chance!
Die Skepsis und Unsicherheit wurde langsam von Freude abgelöst.

Der Integrationsfachdienst fragte sowohl bei der Arbeitsagentur als auch bei der Rentenversicherung nach, ob diese eine Beschäftigung über einen Arbeitgeberzuschuss fördern würden.
Beide lehnten ab.

Man wollte mir dennoch eine Chance geben. Ich bekam einen auf 6 Monate befristeten Probe-Arbeitsvertrag.

Ein Gedanke zu “Eine neue Chance

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